Geplant hatte ich diese Foto-Reihe schon länger, es fehlte nur die richtige Nacht, der richtige wolkenlose Himmel, und die richtige Mondphase. Dann kam der Tag, an dem alles passen sollte. Ich bin für solche Ausflüge auf meinen lieben Mann angewiesen, da ich aufgrund meiner Einschränkungen nicht im Gebirge fahren kann. Wir fuhren also los. Die Stauseen Cuber und Gorg Blau, die im Sommer nur noch ganz wenig Wasser aufwiesen, waren nach den starken Regenfällen in den letzten Wochen nahezu 100% voll und versprachen eine ruhige Wasseroberfläche mit wunderschönen Reflexen. Um sowohl die goldene Stunde und einen rötlich gefärbten Himmel um die Zeit des Sonnenuntergangs herum fotografieren zu können, aber auch gleichzeitig den nächtlichen Sternenhimmel und auch die Atmosphäre der Morgendämmerung festhalten zu können, hatten wir ein Zimmer im Santuario de Lluc reserviert.
Dieser Wallfahrtsort ist auf jeden Fall einen Ausflug wert – ursprünglich im 13. Jahrhundert als Kapelle errichtet, nachdem laut der Legende dort eine Madonna gefunden wurde. Nach und nach wurde der Bau immer mehr erweitert. Berühmt sind die sogenannten „Blauets“, ein Knabenchor von Schülern, die in dem von einem Orden geführten Internat ausgebildet werden. Heutzutage wird die Einrichtung auch als Hotel mit zweckmässigen Zimmern geführt.

   

Nach dem Bezug des Zimmers fuhren wir zum Stausee Cuber, den man zu Fuss komplett umrunden kann und bei dem man bis zum Wasser herankommt, was beim Gorg Blau nicht möglich ist. Wir kamen gerade noch rechtzeitig, bevor die Sonne hinter den Bergen verschwand. Am Ufer stehende Bäume spiegelten sich im Wasser. Der Himmel verfärbte sich von goldgelb über orange zu rosa. Es war zauberhaft, diesen Farbwechsel zu beobachten, der sich im Wasser reflektierte. Die kugelförmige Radarstation auf dem Gipfel des Puig Mayor thronte über dem Schauspiel.

     

Als sich dunkel Schatten über die Landschaft legte, begann es auch, merklich kühl zu werden, und wir fuhren zum Abendessen nach Soller. Auf dem Rückweg zum Kloster machten wir erneut Halt am Stausee Cuber.

Nun sollte das Hauptmotiv für diesen Ausflug mit der Kamera festgehalten werden: Startrails über dem Stausee mit Reflexen im Wasser! Mit Hilfe der App PhotoPills hatte ich alles genau ausgerechnet: wo der Zirkumpolar stand und wo ich stehen musste, um das Zentrum der Erddrehung genau über der Radarstation zu fotografieren. Zur Erklärung: Die kreisförmigen Linien eines Startrails entstehen nicht durch sich drehende Sterne, sondern durch die sich drehende Erde.
Ich war überwältigt von der unbeschreiblichen Stimmung dieser Nacht. Totale Stille, so gut wie keine Lichtverschmutzung, über uns das unendliche Universum mit unzähligen Sternen, die sich im Wasser spiegelten und blinkten wie tanzende Lichter – genau so, wie ich es mir vorgestellt hatte…! Auch die umliegenden Berge spiegelten sich im Wasser, auch vom Puig Mayor mit der leicht beleuchteten Radarstation gab es ein Abbild im Stausee.

Als sich die Augen an die Dunkelheit gewöhnt hatten, erschien die Nacht gar nicht mehr so dunkel – die funkelnden Sterne erhellten die Nacht. Ich programmierte die Kamera auf Intervallmodus, ISO 2500, Blende f/2,8, 30 sek (diese Daten gelten natürlich für meine Kamera) und konnte über 1 Stunde lang die Nacht geniessen.
Es wurde kalt, auch wenn wir sehr warm angezogen waren. Irgendwann hatte die Kamera ihren Dienst getan und die programmierte Zeit abgelaufen. Beseelt fuhren wir wieder zurück zum Kloster Lluc, um ein paar wenige Stunden zu schlafen. Denn wir hatten geplant, am Morgen erneut zum Stausee zu fahren, um die Morgendämmerung zu erleben und zu fotografieren.
Noch ziemlich verschlafen machten wir uns morgens wieder auf den Weg zum Cuber. Noch war es dunkel, aber schon unterwegs vertrieb der Morgen langsam die Nacht. Die rötliche Farbe, die sich erst über den Puig Major ergoss, überzog bald die ganze Bergkette, die sich im glasklaren Wasser des Stausees spiegelte. Eine Morgenstimmung, die verzauberte…

     

Der Morgen wurde zum Tag. Wir verweilten noch etwas, bis wir zum Kloster zurück zum Frühstücken fuhren. Die Situationen, die wir an diesem Ort erleben durften, ließen uns das Jahr voller Glücksgefühle beenden. Und wieder eimal bestätigte sich: Mallorca ist wunderschön!