Man muss ein ganzes Stück von Son Serra de Marina aus Richtung Colonia de San Pere am Strand entlang laufen, bis man auf ein ganz besonderes Objekt stößt, das mitten im Sand vor der Absperrung steht: ein Segelboot, errichtet aus Treibhaus. Man weiß nicht, wer es war, der mit viel Geduld und Phantasie dieses ausgefallene Kunstwerk erschaffen hat.
Schon lange hatte ich dieses Fotomotiv im Kopf, und als im Juli die Berechnung der Position der Milchstraße mit diesem Boot passte, entschied ich mich zur nächtlichen Tour dorthin. Da ich eine bestimmte Szenerie im Kopf hatte, bereitete ich meinen Mann, steter Begleiter und Helfer bei meinen fotografischen Eskapaden, auf einen Look als „Pirat“ vor – mit einem schwarzen Schal und dunkler Kleidung.
Und dann machten wir uns auf den Weg, mit Krücke, Kopflampe und Fotozubehör, und stapften, für mich nicht ganz leicht, durch den Sand am Meer entlang. Ich hatte mir den Standort im Handy markiert, und der Weg zog sich in die Länge. Da sahen wir in gewissem Abstand ein Licht. Mein Mann meinte aus Spaß „Das ist bestimmt ein Fotograf“. Wir gingen weiter, bis plötzlich eine Stimme aus dem Dunkel schrie „Apaga la luz!“ – („Licht aus“).
Erschrocken knipsten wir unsere Kopflampen aus. Aber ohne Mond konnten wir nichts sehen, also richteten wir die Lampen mit kleinem Radius auf den Boden, um unseren Weg fortsetzen zu können. Ich dachte, „Mist, da will wohl schon ein anderer Fotograf das gleiche Motiv fotografieren…“. Als wir das Schiff sehen konnten, sahen wir auch eine ganze Gruppe von Fotografen, die offensichtlich die selbe Idee hatten wie ich…! Tatsächlich handelte es sich um einen Fotokurs! Die Idee zu diesem Motiv hatten also auch andere…
Tja, da blieb mir nichts anderes übrig, als zu warten, bis die Gruppe fertig war und die Stelle verließ. Inzwischen hatte sich natürlich die Erde weiter gedreht, und die Position der Milchstraße stand in einem anderen Winkel zum Schiff als geplant.

Man muss nehmen, was man kriegt, dachte ich – also fotografierte ich das Schiff von verschiedenen Winkeln aus, mit unterschiedlichen Lichtempfindlichkeiten, von ISO 2500 bis 4000, maximaler Langzeitbelichtung meiner Kamera von 15 und 20 Sekunden. Nicht zu vermeiden waren natürlich die Lichter der umgebenden Ortschaften, die am Horizont nach oben strahlten. Lichtverschmutzung – ein Phänomen, das vor allem die Fotografen stört…
Und dann kam natürlich die „Piraten-Serie“: mein Mann mit Schal um den Kopf gebunden und einem fingierten Sehrohr. Er stellte sich in verschiedenen Positionen auf das Schiff, und wir hatten viel Spaß dabei!

Die Erde drehte sich weiter und irgendwann entsprach die Komposition von Milchstraße und Schiff nicht mehr meinen Vorstellungen. Wir packten zusammen und traten den Rückweg an, der uns – wie so oft – kürzer vorkam, als der Hinweg.