Eeeendlich – mein erster Nachtfotografie-Termin in diesem Jahr! Nach der langen Zeit der Corona-bedingten nächtlichen Ausgangssperre passte alles: wolkenloser Himmel, geeignete Mondphase (nahezu Neumond, wodurch der Mond nicht den Himmel beleuchtete) und ein fotogenes Motiv an der richtigen Stelle in Bezug zur Position der Milchstraße.

Meine Planung war, an einem meiner Lieblingsplätze Mallorcas im Südosten der Insel, bei Colonia de Sant Jordi, wo die Milchstraße im Juli in einer geeigneten Position steht, zu fotografieren. Für derartige Fotografien in der muss die Umgebung so dunkel wie möglich sein, d. h. möglichst ohne Lichtverschmutzung, um die Milchstraße gut zu sehen und zu fotografieren. Das ist auf Mallorca – und in unserer westlichen Welt – die größte Schwierigkeit: Stellen ohne Lichtverschmutzung zu finden. Überall gibt es Häuser, Straßenbeleuchtung, beleuchtete Gebäude, deren Licht in den Himmel strahlt und von eventuellen Wolken reflektiert wird. Die Wellen des Lichts schlagen sich auf Fotos in gelben und orangefarbenen Tönen nieder.
Die App „Photopills“ ermöglicht eine genaue Planung. Mondphase, Stärke und Position der Milchstraße in Bezug zur „Abschußstelle“, sowie ihre Dauer pro Nacht (und vieles, vieles mehr…).

Wir machten uns also gegen 23h auf den Weg, natürlich wissend, dass eine solche Nacht wenig Schlaf bedeutete. Nach einer guten Stunde kamen wir in Colonia de Sant Jordi an. „Bewaffnet“ mit Kopflampe, Stativ, Kamera, Rucksack mit Zubehör und Krücke liefen wir am Meer entlang. Auf der anderen Seite der Bucht strahlte das Licht des Ortes und reflektierte sich im Wasser. Im Dunkeln scheinen alle Geräusche stärker – die Wellen schlugen mit dumpfem Rauschen gegen das Ufer. Nach 20 Minuten kamen wir an der geplanten Stelle an: alte Fischerhäuschen am Ende der Bucht. Davor gibt es einen kleinen Landvorsprung der das Meer einschließt wie eine kleine Lagune, in dem es kaum Wellenbewegung gibt, und sich die Fischerhäuschen im Wasser spiegeln.

Da von der gegenüberliegenden Seite der Bucht das Lichtsignal des Leuchtturms von Colonia Sant Jordi in kurzen Abständen bis zu den Fischerhäuschen herüber „wischt“, musste ich den Moment des Auslösens der Kamera berechnen, um so wenig Licht wie möglich auf meinen Fotos einzufangen. Da in der Nachtfotografie eine lange Belichtungszeit erforderlich ist, wäre das Licht des Leuchtturms überbeleuchtet (auch wenn es Techniken gibt, dies zu vermeiden; doch dazu ein anderes Mal). Welche maximale Belichtungszeit möglich ist, ohne dass die Sterne als Striche statt als Punkte erscheinen (bedingt durch die Rotation der Erde), hängt von der Kamera, der Blende und der Brennweite ab. In meinem Fall, mit der Nikon D850, ist das eine maximale Belichtungszeit von 15 Sekunden. Die größtmögliche Blende meines Weitwinkelobjektivs ist f/2,8. Mit der Lichtempfindlichkeit probierte ich verschiedene Versionen, von ISO 4000-12800, und dementsprechend unterschiedliche Belichtungszeiten.

Für Aufnahmen ohne den Leuchtturm musste ich natürlich einen anderen Winkel und eine kürzere Brennweite wählen.

Anschließend gingen wir an den Fischerhäuschen vorbei, wo sich auf der Rückseite der kleine Strand Ca’n Curt befindet. Das letzte Fischerhäuschen mit einer strohbedeckten Terrasse bot ein ganz anderes, romantisches Bild. Auch dort entstanden sehr schöne Aufnahmen mit der Milchstraße im Hintergrund, ohne dass das Licht des Leuchtturms herüberleuchtete.

Mit den Ergebnissen war ich sehr zufrieden, als wir uns nach ca. 2 Stunden (durch die Rotation der Erde hatte sich natürlich der Standort der Milchstraße verändert) wieder auf den Rückweg zum Auto machten. In unserem Bett lagen wir natürlich erst in den frühen Morgenstunden, aber die fotografischen Ergebnisse waren es wert…!